Vom 28.10.-30.10.2011 fand in Schwerin anlässlich des 5. Jahrestages des Dojo Ronin ein Lehrgang mit Sensei Dieter Wichmann (8. Dan), Gyula Büki (6. Dan), Jahn Gebhardt (5. Dan)  und Frank Herrmann (4. Dan) statt. Aus Frankfurt (Oder) fuhren siebzehn Karateka zu diesem Geburtstag.

Am Abend trafen die Teilnehmer im Dojo einen Trainer der besonderen Art: Dieter Wichmann. Er befasste sich am Freitag sowie im ganzen Lehrgang mit dem Begriff „Kime“.

Der Begriff und die Idee des „Kime“ spielen in allen Kampfkünsten eine entscheidende Rolle. Er lässt sich unter einem philosophischen und sportlichen Gesichtspunkt betrachten. Im philosophischen Sinne ist „Kime“ die Konzentration aller körperlichen und geistigen Energien auf einen Punkt und Handlung. Es steht in jeder Übung auch für den Grad der Beherrschung des eigenen „Ki“. „Ki“ und „Kime“ haben ihre Wurzeln im „Aiki“, einer inneren Haltung die ein grundlegendes Prinzip aller Budo-Künste ist. „Ai“ ist das Prinzip der Liebe, Harmonie und Anpassung. Es steht für die erforderliche Anpassung des Sportlers an die Ideen des Karate und die  Selbsterkenntnis seiner Persönlichkeit um eine Technik verstehen und beherrschen zu lernen. Aber auch um seinen Charakter nach den Idealen des Karate zu formen.

„Aiki“ ist die Harmonie zwischen den geistigen Prinzipien der Budo-Künste („Ai“) und sämtlichen Energien („Ki“) im Inneren eines jeden Kampfsportlers. Beides gewinnt der Sportler durch die Selbsterkenntnis. Ein Gleichgewicht zwischen „Ai“ und „Ki“ erlaubt es dem fähigen Kämpfer mit seinen erlernten Möglichkeiten zum kämpfen, eine friedliche und respektvolle Haltung gegenüber seinen Mitmenschen anzunehmen. Ohne diese Haltung ist eine wirkliche Entfaltung von „Kime“ in einer Technik unmöglich. Das Verhältnis zwischen „Ai“ und „Ki“ bestimmt somit unseren Lebens-Weg („Do“) und  unser „Kime“.

Sportlich betrachtet beinhaltet der Begriff „Kime“ die maximale Anspannung aller Muskeln beim Treffen einer Technik. Diese Spannung entsteht nur für einen sehr kurzen Moment um den Sportler vor unnötiger Belastung und zu schneller Ermüdung zu schützen. Dabei atmet der Sportler in der ganzen Bewegung aus um zu starke Kontraktion zu vermeiden und die maximale Geschwindigkeit erreichen zu können. Für dieses Körpergefühl trainiert man sein Leben lang.

Für Dieter Wichmann ist Kime das Anspannen aller im Körper verfügbaren Muskeln zusammen mit einer langen Pressatmung während einer Bewegung um eine maximale Wirkung in der Technik zu zeigen. Von Außen sehen diese Techniken stark aus und sind bei vollem Einsatz des Sportlers sehr gut zu beobachten. Er versuchte den Karateka zu zeigen welche Vorteile diese Methode hat; für die meisten gestaltete sich das Anspannen während einer Bewegung jedoch als sehr schwierig, unnötig und nicht überzeugend. Im folgenden Partnertraining wurde dies deutlich: eine angespannte Bewegung mit Geschwindigkeit in Verbindung zu bringen ist vom Körpergefühl her unangenehm und nicht nachvollziehbar, wenn man sich in seinem bisherigen Training um das richtige Verhältnis und dem richtigen Timing von Spannung und Entspannung bemüht hat. Man überlistet die Physik und den Impulserhaltungssatz gerade nicht, wenn man die Muskeln zu früh bzw. viel zu lange anspannt.

Das weitere Training wurde von Wichmann mit ausführlichen Darstellungen seiner Kämpfe und daraus für sich gewonnen Erfahrungen ergänzt, was sicher interessant war, mich im Training nicht wirklich weiter bringt.

Damit endete die erste Einheit des Trainingslagers. Das Dojo Ronin stellte seine Räumlichkeiten zur Übernachtung bereit. Im gemütlichen Beisammensein klang der Abend für die Frankfurter aus.

Der Samstag begann wie der Freitagabend. Wichmann stellte Kime im Bereich Kata dar. Die erlernte Dynamik der Bewegungen wurde von ihm in separate Phasen geteilt. Die Karateka sollten somit vom Automatismus der Bewegungen wegkommen und vorausschauend ihre Kata ausführen. Im Partnertraining wurde viel Wert auf die Grundidee der Übung gelegt: es gibt Angreifer- und Verteidigerübungen, laut Wichmann. Bei einer Angreiferübung bietet der Verteidiger lediglich ein Ziel an und geht nicht weiter auf die Angriffe des Partners ein. Obwohl es erlaubt war zu blocken, sollte der Block nicht treffen. „Es geht nicht darum auf eurem Partner Schmerzen zuzufügen, sondern darum ihm einen realistischen Angriff zu ermöglichen.“ Beide Partner stehen sich beinahe auf Armlänge gegenüber. Somit soll für den Verteidiger ein ernst zu nehmender Druck aufgebaut werden, etwas was laut Wichmann im Großteil des Trainings der Karateka nicht passieren würde. Auch in diesem Training unterstrich Wichmann seine Methodik mit detaillierten Ausführungen über seine Kämpfe und das Training unter anderen Meistern. Besonders hob er seine Wettkämpfe mit Männern hervor die das „Ikken-hissatsu-Prinzip“ („mit einem Schlag töten“) nicht nur verstanden sondern angewandt haben. Im Zuge dessen kam auch eine angeregte Ausführung zu dem wahren Sinn seines Karate und dem der teilnehmenden Karateka.