Am Mittwoch, den 30.06.2010, begann im norwegischen  Fredrikstad ein erstklassiger Trainingslehrgang namhafter Instructoren. Rund dreihundert Karateka aus 12 Nationen ( Japan, Great Britain, Norwegen, Schweden, Dänemark, Irland, Island, Holland, Schweiz, Frankreich, USA und Deutschland) reisten eigens dazu an.  Wir waren mit 9 Mitgliedern unseres Vereins dabei.

Das Training wurde in 3 Gruppen aufgeteilt und jeweils durch Richard Amos (USA), Aidan Trimble(GB), Tom Kompier(NL), Steve Ubl(USA) und Scott Langley(Irland) geleitet. Jeder von ihnen vermittelte auf eindrucksvolle Weise den Kern ihrer Sicht des Karate.

Unter der Leitung von Aidan Trimble wurden höchst anspruchsvolle Kumitekombinationen aufgebaut und verfeinert. Das Hauptaugenmerk Trimbles lag hierbei auf Genauigkeit und Sicherheit in den Techniken. Immer wenn es so aussah, als ob einer der Partner der “Sieger“ der Übung sei, fügte Trimble weitere Techniken ein, sodass die andere Seite nun scheinbar im Vorteil war. Mit einem Lächeln sagte er dann immer „And now, I am the winner.“ -Und jetzt bin ich der Gewinner-

Seine freundliche/humorvolle Art, sowie seine Methodik begeisterten die Klassen.

Richard Amos, Weltverbandschef der WTKO (World Traditional Karate Organization) arbeitete an genau einer Technik bzw. jeweils einer Kata in seinen Einheiten. Am Beispiel des Ushiro-Geri bewies er seine großartige Körperbeherrschung. „Your body is like a spiral. Your inner body, your center, is moving forward, while your outside body, your hips, is rotating.“ -Euer Körper ist wie eine Spirale. Euer innerer Körper, euer Zentrum, bewegt sich vorwärts, während euer äußerer Körper, eure Hüfte, rotiert- Dies beim Ushiro-Giri umzusetzen erwies sich als extrem anstrengend, da die Atmung ebenfalls beachtet werden sollte. Er arbeitete mit uns an der Verfeinerung und Exaktheit der Katas wie Bassai-Dai und Jion und begründete die Ausführung mit logischem und realem Bunkai. Aber auch philosophische Momente waren in seinem Training enthalten. „You have to give every movement depth.“ -Ihr müsst jeder Bewegung Tiefe verleihen- Richard Amos verdeutlichte mit dieser Bemerkung, dass Karate nicht nur Sport ist, sondern auch eine Frage der Einstellung zu der Idee die diese Kunst in sich birgt.

Die Stunden mit Scott Langley erwiesen sich als ebenfalls höchst lehrreich. Der Kataspezialist aus Irland verfeinerte im Training akribisch Einzelheiten von Kata und Kumite. Wobei es bei seinem Kumitetraining genügend blaue Flecken gab. Er ließ uns Ellenbogenblöcke und präzise Techniken im Kumite üben. Wir lernten zudem die Kata Jakuhachiho (108 Schritte).

Tom Kompiers, der bereits sechsmal in Frankfurt (Oder) Seminare gab, war der mit Abstand fröhlichste aller Trainer. Ob beim Betreten des Dojo, bei anstrengenden Partnerübungen oder während Krafteinheiten, Tom hat nie sein fröhliches Lächeln verloren. Beeindruckend waren besonders seine Kumiteanwendungen und speziellen Übungen zum Kraftaufbau. Er ließ es sich nicht nehmen, jede Übung und jede Wiederholung mitzumachen.

Ein Sensei überraschte alle Teilnehmer. Steve Ubl beeindruckte alle Teilnehmer durch seine extreme Geschwindigkeit und beinahe unwirkliche Körperbeherrschung. Ubl Sensei begann 1967 mit Tang Soo Do, einer koreanischen Mischform aus Karate und Kung-Fu. Noch 1967 folgte ein intensives Karatetraining in der JKA. Während seines Aufenthalts in Japan bekam er sehr oft Einzeltraining von Nakayama Seinsei, der ihn für seinen Charakter und sein Talent schätzte. 1973 trat er dem „Japan Karate Association Instructor Training Institute“ unter Nishiyama Sensei bei und wurde ein Vollzeittrainer. Während der nächsten 20 Jahre trainierte Steve Ubl meist für sich und ohne Beschränkungen. 2004 erinnerte man ihn daran, wie wichtig es ist, sein Wissen an andere weiterzugeben. 2006 akzeptierte er die Position eines „technical director“ und erhielt den 7.Dan von der WTKO. In seinem Training kamen die Karateka nicht aus dem Staunen heraus: seine Art Einzelheiten, philosophische Betrachtungen und wichtige Schwerpunkte miteinander zu verbinden sind einzigartig. Der Kumitespezialist ermahnte die Karateka die Kata als Grundform aller Bewegungen zu betrachten, sich aber nicht darauf zu versteifen. Eine Kata muss immer mit einem offenem Geist und Abstraktion betrachtet werden, wenn man aus einer Kata effektive Verteidigungen ableiten möchte. Diese wurden während des Lehrgangs ausführlich behandelt und sorgten durch ihre Einfachheit für große Begeisterung bei den Teilnehmern.

Besonderen Wert legte Ubl Sensei auf die Bewegung des Körperzentrums, dem Bauch, und die tiefe Atmung. Auch sein Katatraining überzeugte jeden Karateka von seinen unglaublichen Fähigkeiten.

Aber nicht nur die Trainer sorgten für eine angenehme Atmosphäre. Auch die gemeinsamen Abende waren ausschlaggebend für die hohe Begeisterung am Lehrgang. So verblüffte beispielsweise Aidan Trimble auch mit seinen Fähigkeiten als musikalischer Entertainer bei einer zünftigen Grillparty.

Höhepunkt waren Danprüfungen. Drei Karateka aus Frankfurt (Oder) traten zur Danprüfung an. Max K., Andy H. Und Yves P. meisterten erfolgreich ihren Shodan.

Damit ging das intensive Trainingslager, viel zu schnell für alle, zu Ende. Mit vielen Ideen und Inspirationen kehrten die Beteiligten in ihre Heimat zurück. Alle in freudiger Erwartung auf das nächste Jahr.

Kenny Höber